11. Mai 2023

Fortschritte bei kindlichen Lebererkrankungen: von Lebertransplantationen und Gentherapie

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Kinder- und Erwachsenenhände halten ein Lebermodell
iStock, Sewcream

Jedes 5. Kind in Europa hat eine Lebererkrankung. Die häufigste Form davon ist die Fettleber. Die Früherkennung von seltenen Lebererkrankungen, wie der Gallengangsatresie, kann die Notwendigkeit von Lebertransplantationen verhindern. Dennoch brauchen alleine in Österreich und Deutschland jährlich 150 Kinder eine Lebertransplantation. Der ESPGHAN-Kongress, der vom 17. bis 20. Mai im Austria Center Vienna stattfindet, thematisiert die Fortschritte in der Transplantationsmedizin, die Zukunft von Gentherapien sowie die Rolle der Ernährung und Vorsorgeuntersuchungen im Hinblick auf Magen-Darm- und Lebererkrankungen von Kindern und Jugendlichen.

„Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen. Das gilt ganz besonders für Kinder, denn ein gesunder Bauch ermöglicht eine gesunde Entwicklung und Wachstum. Unser Ziel als pädiatrische Gastroenterologen, Hepatologen und Ernährungswissenschaftler ist es daher, nicht nur die Einschränkungen unserer jungen Patienten zu lindern, sondern sie so gesund zu machen, dass sie zu handlungsfähigen und proaktiven Menschen heranreifen und somit als Teil der Gesellschaft auch im Erwachsenenleben einen Beitrag leisten können“, so Prof. Dr. Ulrich Baumann, Präsident der European Society for Paediatric Gastroenterology, Hepatology and Nutrition (ESPGHAN).

Über 20 % der Kinder in Europa sind von Lebererkrankungen betroffen

Lebererkrankungen bei Kindern kommen häufiger vor, als man denkt. Ein Viertel aller Kinder und Jugendliche in Europa sind übergewichtig. Damit verbunden ist häufig auch die Entwicklung einer Fettleber. „Meistens handelt es sich dabei um milde Formen der Fetteinlagerung, aber dies kann auch zu gravierenden, degenerativen Veränderungen der Leber führen. In seltenen Fällen, ca. 1-2 % aller Kinder, die eine Fettleber haben, kann die Schädigung so massiv werden, dass im Alter von etwa 20 Jahren die Notwendigkeit einer Lebertransplantation besteht“, erklärt Baumann. Je mehr hier im Vorfeld mit gesunder und ausgewogener Ernährung entgegengesteuert werden kann, desto besser. Andere Lebererkrankungen bei Kindern und Jugendlichen zählen vermehrt zu den seltenen Erkrankungen und haben häufig genetische Ursachen, betreffen Auto-Immunerkrankungen oder entstehen – wie die Gallengansatresie – durch Zufall.

50 Neugeborene pro Jahr werden mit einer Gallengangsatresie geboren

Besonders bei der Gallengangsatresie ist eine frühe Diagnose lebenswichtig. Die Gallengangsatresie ist eine seltene Gallenwegserkrankung, bei der es zum Verschluss der Gallenwege und in der Folge zu massiven Leberschädigungen kommt. „Mit einer Auftrittswahrscheinlichkeit von 1 zu 10.000 in Europa, ist die Gallengangsatresie zwar selten, aber sie ist die häufigste Ursache für eine Lebertransplantation im Kindesalter“, so Baumann. In Deutschland und Österreich wird diese Diagnose pro Jahr bei 50 Neugeborenen gestellt. „Die große Herausforderung ist, hier die Neugeborenen-Gelbsucht, die ein wesentlicher Indikator für diese Erkrankung ist, von der Muttermilchgelbsucht, die ganz normal bei Neugeborenen auftritt, zu unterscheiden. Ein vorsorglicher Bluttest 2 Wochen nach der Geburt gibt hier Klarheit“, erklärt der Experte. Wird die Gallengangsatresie rechtzeitig erkannt, kann dadurch einerseits das Auftreten einer Lebererkrankung verhindert werden und andererseits mithilfe einer speziellen Operation, der so-genannten Kasai-Operation, die Wahrscheinlichkeit der Notwendigkeit einer Lebertransplantation wesentlich verringert werden.

150 Lebertransplantationen sind bei Kindern pro Jahr notwendig

Insgesamt brauchen in Österreich und Deutschland pro Jahr 150 Kinder und Jugendliche eine Lebertransplantation. Die Hälfte davon sind jünger als 2 Jahre alt. Mithilfe der so-genannten Split-Technik können Eltern oder nahe Verwandte dem betroffenen Kind einen Teil ihrer eigenen Leber spenden. „Dabei wird die Leber so geteilt, dass der linke Leberlappen, der wesentlich kleiner ist, dem Kleinkind gespendet wird und der rechte Leberlappen, der größer ist, beim Erwachsenen verbleibt. Die Leberzellmasse wächst dann, ähnlich wie bei einem Baum nach Astschnitten, nach und übernimmt die Funktionen“, erklärt Baumann. Mithilfe dieser Lebertransplantation haben die Kinder eine erhöhte Lebensqualität und können mit der transplantierten Leber über 40 Jahre weiterleben. Das ist ein außergewöhnliches Ergebnis im Vergleich zu Prognosen bei Erwachsenen, die nach einer erfolgreichen Lebertransplantation eine voraussichtliche Überlebensrate von 10 weiteren Lebensjahren haben.

Gentherapie als große Hoffnung bei monogenetischen Erkrankungen

Damit die Perspektiven für Kinder und Jugendliche mit Lebererkrankungen noch besser werden, wird in Richtung Medikamentenentwicklung geforscht. Besonders vielversprechend für die zukünftige Behandlung von monogenetischen Lebererkrankungen wie Morbus Wilson und Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ist die Gentherapie. So könnte beispielsweise bei Morbus Wilson das Problem direkt an der Wurzel, sprich beim Gen, das die Störung des Kupferstoffwechsels in der Leber verursacht, angepackt werden.

Prävention – Wie Lebererkrankungen vorbeugen oder entdecken?

Bestimmten Lebererkrankungen, wie Hepatitis A und B, kann mit Impfungen bereits gut vorgebeugt werden. Auch der Mutter-Kind-Pass ist mit seinem Wachstums- und Entwicklungsscreening durch die Kinderärzte ein wesentliches Instrument, um mögliche Erkrankungen des Magendarmtrakts und der Leber des Kindes aufzuspüren. „Zudem ist es wichtig, die Bauchschmerzen von Kindern ernst zu nehmen. Immerhin leiden 10 bis 15 Prozent der Kinder an funktionellen Bauchschmerzen. Diese sind real und wichtige Hinweise auf Dysfunktionen von Darm und zentralem Nervensystem, die häufig gut behandelt werden können“, betont Baumann. Der Kinderarzt ist dann auch die Brücke zum pädiatrischen Gastroenterologen und Hepatologen, geht der Verdacht in Richtung Magen-Darm- und Lebererkrankung des Kindes und Jugendlichen.

Über die IAKW-AG

Die IAKW-AG (Internationales Amtssitz- und Konferenzzentrum Wien, Aktiengesellschaft) ist verantwortlich für die Erhaltung des Vienna International Centre (VIC) und den Betrieb des Austria Center Vienna. Das Austria Center Vienna ist mit 19 Sälen, 180 Meetingräumen sowie rund 26.000 m² Ausstellungsfläche Österreichs größtes Kongresszentrum und gehört zu den Top-Playern im internationalen Kongresswesen.

Kontakt

Claudia Reis

Stv. Pressesprecherin

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