8. September 2021

Heilen statt reparieren: Kongress der plastischen Chirurgie zeigt revolutionäre, neue mögliche Wege bei der Behandlung von Verbrennungs- und Unfallopfern

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Foto: Plastische chirurgie Frau mit Verband
©iStock, JanekWD

Die Plastische Chirurgie deckt mit rekonstruktiver Chirurgie, Hand- und Verbrennungschirurgie sowie ästhetischer Chirurgie ein sehr breites Themenspektrum ab. Gerade bei der Behandlung von Verbrennungs- und Unfallopfern setzt man auf regenerative Technologien, die heilen, anstatt zu reparieren. Bei der Entwicklung von neuen Verbandsmaterialien, die die Heilung des Körpers unterstützen, nimmt Österreich eine führende Rolle ein. Beim internationalen Kongress der plastischen Chirurgie (ISAPS) vom 11. bis 13. September im Austria Center Vienna werden neue Erkenntnisse auf dem Gebiet der regenerativen Medizin von Wien aus in die Welt getragen.

„Die plastische Chirurgie besteht aus viel mehr als aus reinen Schönheits-OPs. Wir versorgen mit unserem breiten Spektrum eine Vielzahl von Menschen – das reicht von rekonstruktiver Chirurgie über Hand- und Verbrennungschirurgie bis hin zur ästhetischen Chirurgie. Allein an der MedUni Graz führen wir in diesen Bereichen über 2.700 Operationen pro Jahr durch. Dabei legen wir den Fokus stets auf die Wiederherstellung von Form und Funktion – das ist einfach untrennbar miteinander verbunden,“ so Univ.-Prof. Dr. Lars-Peter Kamolz, Leiter der Klinischen Abteilung Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie der MedUni Graz und österreichischer Speaker beim Kongress der International Society of Aesthetic Plastic Surgery (ISAPS).

Regenerative Medizin – heilen statt reparieren

Die Zukunft der plastischen Chirurgie liegt für Kamolz eindeutig in den regenerativen Technologien, die gemeinsam mit Digitalisierung und Robotik gerade in der Medizin die meisten Quantensprünge hervorbringt. „Ziel ist es, mit der regenerativen Medizin zu heilen, anstatt zu reparieren. Das klingt vielleicht im ersten Moment sehr esoterisch, ist aber essenziell, um grundliegende Prozesse im Körper besser verstehen und gezielter Einfluss nehmen zu können“, betont Kamolz. „Wir in der plastischen Chirurgie fokussieren uns hier vor allem auf das Tissue Engineering, also der Gewebezüchtung und auf die induzierte Autoregeneration. Darunter versteht man Methoden, die angewendet werden, um den Körper bei der Heilung zu unterstützen. Das können beispielsweise spezielle Wirkstoffe oder auch Matrices und Zellen sein. Das spielt gerade bei der Behandlung von Verbrennungen und anderen Verletzungen, die beispielsweise bei schweren Unfällen entstehen, eine große Rolle“, so Kamolz.

Induktion von „Autophagie“ und anderen zentralen Zellprozessen als zukünftige Behandlungsstrategie in der Behandlung von Verbrennungsopfern

Bei brandverletzten Personen gilt es – nach akuten, lebensrettenden Maßnahmen – die Zellschäden, die durch die Verbrennung entstehen, zu minimieren und die Wundheilung anzuregen. In einem ersten Schritt wird versucht, die Autophagie – das ist ein natürlicher Vorgang im Inneren der Körperzellen, der geschädigte Zellbestandteile für die Bildung neuer Stoffe recycelt – von außen anzuregen. Dazu können Substanzen wie Spermidin, das in Weizenkeimlingen vorkommt, oder Resveratrol, das man vom Rotwein kennt, in Form von speziellen Verbänden auf die Wunde aufgetragen oder in Form von Nahrungsergänzungsmitteln hinzugefügt werden. „In der Entwicklung dieser neuen Verbandsmaterialien und in der regenerativer Medizin – vor allem im Bereich der induzierten Autoregeneration – nehmen wir Forscher und Entwickler in Österreich eine internationale Führungsrolle ein,“ betont Kamolz.

Tissue Engineering als Erfolgsschlüssel für die Bildung einer neuen Haut

Je größer die Brandverletzung, desto wahrscheinlicher kommen neben konservativen – also nicht operativen – Behandlungsmethoden auch chirurgische Verfahren unter Verwendung von Hautersatztechniken zum Einsatz. Hier wird dann mit Haut- und Hautersatzmaterialien gearbeitet. Biologische Materialien der Hautersatzmaterialien sind beispielsweise Schweine- oder Fischhäute, die auf die Wundoberfläche gebracht werden und dort die Wundheilung des Körpers im Sinne der induzierten Autoregeneration unterstützen. Der Körper kann so unter der „Abdeckung“ eine neue Oberhaut (Epidermis) bilden. „Auch hier spielen wir in der obersten Liga mit,“ erklärt der plastische Chirurg. Ein noch revolutionärerer Weg ist die Gewebskonstruktion. Dabei werden zunächst vom Spender-Organismus – idealerweise vom Patienten selbst – Zellen entnommen und im Labor dann Hauttransplantate gezüchtet und diese dann anschließend dem Empfänger (re-)transplantiert. „Großer Vorteil dabei ist, dass diese gezüchtete im Körper bleiben kann und nicht nur beim Aufbau der Oberhaut, sondern auch der darunter liegenden Lederhaut mithilft. Dadurch geht die Wundheilung viel schneller und es kommt zu einer geringeren Narbenbildung des Körpers,“ erklärt Kamolz.

Individuelles Timing: Von der Narbenreifung zur Tissue Engineering

Da brandverletzte Personen besonders von ästhetischen Entstellungen an sichtbaren Körperpartien und von funktionellen Einschränkungen betroffen sind, versucht man hier rechtzeitig entgegenzuwirken. Das Timing dafür wird – der personalisierten Medizin entsprechend – individuell festgelegt. Wesentlich dabei ist der Grad der funktionellen Einschränkung. Davon hängt ab, ob plastisch chirurgische Verfahren gleich oder nach Ausheilung der Wunden vorgenommen werden. „Prinzipiell ist es vorteilhafter, wenn Narben reifen können. Das kann ein ganzes Jahr nach der Verbrennung andauern. Dann kann mit den entsprechenden Korrekturverfahren angefangen werden. Ist jedoch – wie bei der Hand – eine Körperstelle betroffen, die viel benutzt wird und ohne die es zur massiven körperlichen Einschränkung kommt, werden auch die plastisch chirurgischen Verfahren zeitlich vorgezogen,“ betont der Facharzt abschließend.

Über die IAKW-AG

Die IAKW-AG (Internationales Amtssitz- und Konferenzzentrum Wien, Aktiengesellschaft ist verantwortlich für die Erhaltung des Vienna International Centre (VIC) und den Betrieb des Austria Center Vienna. Das Austria Center Vienna ist mit 24 Sälen, 180 Meetingräumen sowie rund 26.000 m2 Ausstellungsfläche Österreichs größtes Kongresszentrum und gehört zu den Top-Playern im internationalen Kongresswesen. www.acv.at

Kontakt

Claudia Reis

Stv. Pressesprecherin

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